Die Bouviers - Wie alles begann

Prolog

Charlene und Pierre Bouvier waren auf dem Rückweg vom Insolvenzverwalter. Beide leben mit ihrer Teenie-Tochter Camille in der Nähe von Paris in einer großen Villa. Ihr Sohn Adrien lebt seit drei Jahren in Amerika und arbeitet dort als Agent. 

Charlene hatte gemischte Gefühle. Auf der einen Seite war sie auf ihrem Mann stinksauer, weil er die Familie in den Ruin mit seiner Alkoholabhängigkeit getrieben hatte. Nun stand die Villa und das restliche Eigentum zum Verkauf. Der Markler, der auch bei dem Termin war, machte ihnen klar, dass der Verkauf des Eigentums gerademal einen Großteil der Schulden tilgen würde. Den Rest müssten sie mit einem Hungerlohn abzahlen. Und müssten in einer Sozialwohnung leben. Camille müsste ihre Privatschule verlassen. 
"Du hast an diesen Disaster schuld. Wir haben alles verloren. Und die Schulden wachsen weiter bis das Haus verkauft ist", sagte Charlene angesäuert und schaute aus dem Fenster in den Nachthimmel.
"Wir verkaufen nichts. Es gibt sicher andere Wege, um die Schulden zu tilgen", sagte Pierre entschlossen.
Er wollte nichts aufgeben. Seinen Countryclub. Den Luxus. Aber er wusste, dass er seinen Kindern nur mehr Schulden vererben würde. Ihm war es leider ziemlich egal, was aus den Kindern wurde. Sollen sie doch seine Schulden tilgen. Immerhin müssen auch sie für ihm aufkommen.
"Ich verhöre mich da wohl. Damals waren wir auch mal arm, bevor wir im Lotto gewannen und Unternehmer wurden. Unser Geschäft ist zwar weg, aber ich bleibe trotzdem optimistisch. Ich suche mir einen Job und zahle etwas ab", sagte Charlene.
"Frauen dürfen im meinen Haushalt nicht arbeiten gehen. Das weißt du doch. Ich muss euch ernähren. Das war schon immer so in meiner Familie", sagte Pierre wütend.
"Aber wir brauchen Geld. Sehr viel Geld. Es wächst nicht auf Bäumen. Camille sollte zumindest auf eine staatliche Schule wechseln und die Kreditkarte abgenommen bekommen. Da spart man schon mal", schlug Charlene vor.
"Ich ruiniere meiner Tochter nicht das Leben, verstanden?! Sie soll wie bisher weiterleben". schrie Pierre wütend und wurde gegen Charlene handgreiflich. 

Im Auto dahinter fuhr ein junger Fahranfänger und bekam nur am Rand mit, was sich im Auto von den Bouviers abspielte. So langsam war er müde von der langen Fahrt und hielt Ausschau nach einem Rastplatz um zu Schlafen. Er wollte keinen Unfall bauen und lieber etwas später als geplant bei seinen Eltern sein. 
"Da vorne ist ja was los. Die bauen noch einen Unfall, wenn sie weiter machen", dachte er sich.
Als hätte jemand es gehört, verlor der Fahrer die Kontrolle übers Fahrzeug und fuhr in einem entgegenkommenden LKW. Der LKW-Fahrer bremste, konnte aber den Unfall nicht mehr verhindern.
Der junge Augenzeuge bremste und dachte schon, um ihn wäre es geschehen, als das halbzerquetschte Auto an ihm vorbeirutschte. Aber das Auto streifte nur seinen Wagen und blieb an einer Leitplanke hängen. Er weinte vor Schreck und musste erst wahrnehmen, was gerade passiert war. Wenige Minuten später hatte er sich beruhigt und machte seine Warnblinker an. Er holte schnell seinen Warnkreuz und stellte es 50 Meter hinter dem Unfall auf.
Der LKW-Fahrer war noch nicht in der Lage, überhaupt etwas zu tun. Geschockt saß er hinter seinem Lenkrad und atmete schneller als normal. War es gerade wirklich passiert? Hat er vielleicht zwei Menschen getötet? Ihm liefen Tränen übers Gesicht und der Blick wurde verschwommen. Er hörte, wie jemand seine Türe öffnete und mit ihm sprach, aber er konnte nicht antworten. Zu tief war der Schock nach dem Unfall.
Der junge Fahrer hatte bereits den Notruf gewählt und die Polizei gerufen. Er rannte zu dem kaputten Wagen, der nur noch Totalschaden war. Vorsichtig schaute er durch die Scheiben und sah, dass die Frau verstorben war. Ihre glasigen Augen starrten ihn an und Blut lief aus den Mundwinkeln. Glassplitter zierten ihren Oberkörper und der Hals hatte einen sehr tiefen Schnitt, aus dem Blut regelrecht nur noch rinnte. Auf ihrer Seite war überall Blut an den Wänden und der Decke zu sehen. 
Der Mann hebte nur noch schwach seinen Brustkorb und musste schnell aus dem Auto geholt werden. Die Türe zu öffnen war nicht schwer, aber er traute sich nicht den Schwerstverletzten aus dem Wagen zu holen. Seine Verletzungen sahen lebensbedrohlich aus. Als angehender Rechtsmediziner hatte er bereits Unfallopfer in dieser Form auf dem kalten Stahltisch gehabt. Der Mann würde bald Tod sein, da war er sich ziemlich sicher.  Er hörte Sirenen und Schritte, die auf ihm zukamen. 
"Junger Mann, ist Ihnen etwas passiert?", fragte der alte Polizist.
"Nein, nur ein leichter Blechschaden am Auto. Aber der Mann und der LKW-Fahrer brauchen einen Arzt. Der Mann sieht nicht gut aus und der LKW-Fahrer steht unter Schock", antwortete er. 
Der Kollege des Polizisten hatte die hinzugekommenen Kollegen zur Sperrung der Strecke eingeteilt. Die anderen Polizisten kümmerten sich um die Einweisung der Krankenwagen und der Feuerwehr. 

Zwei Stunden später lagen auf der Straße zwei Leichensäcke und der LKW-Fahrer war im Krankenhaus. Der junge Fahrer wurde von der Polizei befragt und darüber aufgeklärt, dass man seinen Wagen für die Ermittlungen benötige. Seine Wertsachen durfte er zum Glück rausholen. Als er das Auto von seinen Eltern hörte, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Sein Vater musterte seinen BMW und der junge Fahrer machte sich auf seine Standpauke gefasst, aber es kam anders. Seine Eltern fielen ihm erleichtert um den Hals und weinten vor Freude, dass ihm nichts passiert ist.
"Wenn sich psychische Veränderungen einstellen, suchen Sie besser einen Psychologen auf. Jetzt steht Ihr Sohn noch unter Schock, aber der Schock vergeht irgendwann", sagte der alte Polizist zu seinen Eltern.
"Da machen wir uns keine Sorgen. Er studiert Rechtsmedizin im dritten Semester und hat bereits Leichen gesehen", sagte sein Vater.
Nun verstand der Polizist, warum der junge  Fahrer so gelassen an die Sache gegangen ist. Er kannte bereits den Umgang mit dem Tod. 

Camille war zu Hause, als es an der Türe klingelte. Seit das Personal entlassen worden war, musste sie alles selber machen. Und das passte ihr gar nicht. Sie war es gewohnt, dass jemand anderes den Haushalt machte, aber nun musste sie ihr Zimmer aufräumen und den Tisch abdecken. Sie fragte sich schon, was los sei. Dann verkauften ihre Eltern immer mehr von den guten Erbstücken und alle Autos bis auf Papas Lieblingswagen. 
Sie öffnete die Türe und sah neben der Polizei eine Frau vom Jugendamt.
"Sind Sie Camille Bouvier?", fragte der Polizist. 
Seine Gestik war voller Mitleid und diesen Ausdruck hasste sie am meisten.
"Ja. Meine Eltern sind unterwegs und müssten bald kommen", antwortete sie.
Beide Erwachsenen tauschten die Blicke aus und kamen ins Haus.
"Können wir irgendwo in Ruhe sprechen, Frau Bouvier?", fragte die Frau vom Jugendamt.
Camille nickte und führte sie ins Esszimmer.
"Wir haben eine schlechte Nachricht. Ihre Eltern sind bei einem Unfall verstorben und im Land gibt es keinen einzigen Verwandten mehr. Bis wir jemanden gefunden haben, müssen Sie in eine Jugendwohngruppe ziehen", sagte der Polizist.
Camille war sprachlos. Ihr kamen die Tränen und sie begann zu Weinen. Langsam stand sie auf und sagte:
"Ich packe ein paar Sachen ein. Benachrichtigen Sie meinen Bruder Adrien Bouvier in Amerika."
Camille verschwang nach oben und kam eine Stunde später zurück. Sie sah verheult aus und hatte zwei Koffer dabei.
Die Frau vom Jugendamt kam auf sie zu und sagte:
"Wir konnten Ihren Bruder erreichen. Er wird in zwei Tagen anreisen und sich um alles kümmern. So lange wohnen Sie in der betreuten Wohngruppe."
Camille war erleichtert, dass ihr Bruder für sie da war. Gerade nach dieser Vergangenheit mit ihr.

Adrien reiste so schnell wie möglich an und ließ erstmal seine Schwester in der Wohngruppe. Er musste sich erstmal mit dem Notar seiner Eltern zusammensetzen. Sowie mit den Makler und den Insolvenzverwalter seiner Familie. Die Lage seiner Familie beunruhigte ihn sehr. Seine Familie war hochverschuldet und er musste über das Erbe entscheiden. 
"Wollen Sie das Erbe annehmen?", fragte der Notar.
"Nein. Ich habe mich bereits zu Hause über die Situation meiner Familie informiert und erfahren, dass es nur Schulden zu erben gibt. Kann meine Schwester zumindest aus der Villa ihre Wertsachen holen, bevor es verkauft wird?", antwortete er unsicher.
"Natürlich. Sie darf auch ein paar Erinnerungsstücke mitnehmen.  Aber ihr haben nur eine Stunde Zeit, bevor das Haus für immer für euch verschlossen wird", sagte der Notar.
"Wann können wir unsere Sachen holen?", fragte Adrien.
"Morgen. Ruhen Sie sich heute noch aus und teilen Sie es ihrer Schwester mit", antwortete der Notar.
Adrien traf sich mit seiner Schwester im einen Cafe und teilte ihr ihr Schicksal mit. Er war nun ihr Vormund und sie muss mit ihm nach Amerika gehen. Sie weinte nach den Botschaften und wollte erstmal alleine sein. 


Drei Tage später

"In 30 Minuten erreichen wir San Myshuno. Bitte beginnen Sie langsam Ihre Sachen in die Schubladen über Ihnen zu packen", ertönte eine Stimme im Flugzeug.
Adrien packte seinen Laptop weg und schaute zu seiner Schwester. Sie sprach kein Wort ihm seit der Abreise. Er hatte sie bereits vor drei Tagen über alles aufgeklärt. Sie wurde wütend und wollte mit ihm nichts mehr zu tun haben. Ihm schmerzte es sehr, weil sie nur noch sich selbst hatten. 
"Sei nicht böse auf mich. Ich musste so entscheiden. Es war zu deinem Wohl", sagte er, um das Eis zu brechen.
"Warum hast du dann so entschieden?", fragte sie angesäuert.
"Unsere Eltern waren pleite. Das Haus stand zum Verkauf und das restliche Eigentum auch. Vater hat sogar deine Fonds aufgelöst, um seine Sucht zu finanzieren", antwortete er und seufzte. 
Sie schaute ihn überrascht an und sagte:
"Das wusste ich nicht. Mama und Papa hätte mit mir reden können, wenn sie Probleme hatten. Wie ist unser neues zu Hause so?"
"Ist es ein kleines Apartment in San Myshuno. Bald wirst du es selber sehen", sagte er.
Sie schaute traurig und begann zu Weinen. Adrien drückte seine Schwester an sich und ließ sie einfach nur Weinen.
 
 

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